Stacheldrahtzaun und Mohnblumen

Selbst­verletzendes Verhalten

Ritzen, Schneiden, Kratzen ... warum verletzen sich manche Menschen selbst? Antworten auf diese und weitere Fragen, findest du hier!

Es gibt Situationen, in denen wir einfach nicht mehr weiter wissen. Alles wird zu viel. Man fragt sich, wie man da wieder raus kommen kann. Oder was man tun kann, um endlich nicht mehr so einen Druck zu spüren. Manche verschaffen sich dann durch das Zufügen von Verletzungen eine Art Entlastung. Verletzt sich jemand selbst, ist das also oft Ausdruck für eine starke Belastung. Es kann eine Art Ventil sein, unangenehme Gefühle nach außen zu bringen und innere Anspannung zu verringern.

Was bedeutet Selbstverletzendes Verhalten (SVV)?

Unter einer Selbstverletzung versteht man Verhaltensweisen, bei denen sich Menschen selbst weh tun und sich auf verschiedene Art und Weise Schmerzen zufügen. In vielen Fällen kommt es dabei zu Verletzungen der Haut, die sich der*die Betroffene selbst zufügt, beispielsweise in Form von Ritzen, Schneiden, Verbrennen, Kratzen oder auch Verletzungen durch Nadelstiche oder extremes Nägelbeißen. Es gibt aber auch andere Formen des selbstverletzenden Verhaltens, z. B. kann auch exzessives Sport-Treiben oder die Verweigerung von Nahrung selbstverletzend sein.
 

Wie kommt es zu einer Selbstverletzung?

Es gibt Menschen, die eine Selbstverletzung in belastenden Situationen als eine Art Bewältigungsstrategie anwenden. Selbstverletzendes Verhalten kann verschiedene Ursachen haben. Meistens ist es ein Versuch, eine bestimmte innere Anspannung abzubauen, also eine Art Ventil. Man könnte auch sagen, dass Betroffene versuchen, schmerzvolle Gefühle, wie Wut, Angst, Einsamkeit oder Trauer durch das Fühlen eines körperlichen Schmerzen in einer Art zu "überdecken". Dadurch verschwindet vorübergehend der emotionale Druck oder ein Gefühl von Leere. Selbstverletzung kann manchmal auch gemeinsam mit psychischen Erkrankungen auftreten (z. B. Essstörungen, Depression, Borderline Persönlichkeitsstörungen, Angsterkrankungen oder bei Traumafolgestörungen).
 

Wie oft oder wie regelmäßig sich jemand selbst verletzt, ist sehr unterschiedlich. Meistens tritt das selbstverletzende Verhalten in Belastungssituationen auf (Stress, Verluste, Kummer, Konflikte in der Familie, ...). In solchen Situationen können ganz vielfältige Gefühle aufkommen, beispielsweise Wut, Trauer, Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit etc. Diese unangenehm erlebten Gefühle erzeugen innere Spannung. Die Selbstverletzung, als eine Art Ventil und Bewältigungsstrategie, löst diesen Spannungszustand kurzfristig auf. Es kommt zu einem Gefühl der Erleichterung. Dieses Gefühl hält jedoch nur kurz an und ist oft auch gefolgt von weiteren unangenehm erlebten Gefühlen - z. B.  Schuld- und Schamgefühlen. So kann ein echt unangenehmer und belastender Kreislauf entstehen.

Wenn dieser verletzende Versuch der Bewältigung als Ventil immer wieder angewendet und somit "eingeübt" wird, kann sich das Verhalten auch verfestigen. Professionelle Unterstützung kann echt hilfreich sein. Innerhalb dieser geht es darum, zu verstehen, wie die Selbstverletzung zustande kommt und zu erarbeiten, welche nichtverletzenden Bewältigungsmechanismen und Emotionsregulationsstrategien individuell passend sind.

Ist es eine Sucht?

Es wird vermutet, dass im Moment der Selbstverletzung Stoffe im Körper ausgeschüttet werden, die (ähnlich wie bei Drogen) positive und angenehme Gefühle erzeugen. Durch wiederholtes selbstverletzendes Verhalten kann ein gewisser Suchtcharakter entstehen. Betroffene spüren immer wieder einen starken Impuls, sich zu verletzen und können sich diesem Drang nur schwer oder gar nicht widersetzen. Ähnlich wie bei anderen Süchten wird von vielen Betroffenen viel Zeit dafür verwendet, zu überlegen, wie man sich z. B. neue Rasierklingen beschaffen kann und wo man diese dann verstecken wird.

 

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Kennst du Betroffene?

Vielleicht kennst du jemanden, der sich selbst verletzt. Oft ist es dann so, dass man nicht wirklich weiß, wie man damit umgehen soll und vor allem, wie man sich verhalten soll. Das ist auch verständlich. Hier sind einige Tipps, was im Umgang mit Betroffenen hilfreich sein kann.

Tipp

Tipps für den Umgang mit Betroffenen

  • Siehst du bei einer dir nahestehenden Person häufig Verletzungen und vermutest du, dass diese selbst herbeigeführt sind, dann sprich das an.
  • Sag ihr in einem ruhigen Moment, dass du dir Sorgen machst!
  • Verurteile die Person nicht.
  • Informiere dich über selbstverletzendes Verhalten. So kannst du Betroffene besser verstehen.
  • Biete dich als Gesprächspartner*in an, wenn du dazu bereit bist.
  • Nimm die Person in die Arme oder drücke sie, wenn das für sie*ihn passt.
  • Schlage ihr*ihm vor etwas gemeinsam zu unternehmen.
  • Ermutige die Person, sich Hilfe zu holen. Du kannst z. B. anbieten, die betroffene Person zu einer Beratungsstelle zu begleiten oder gemeinsam nach Adressen von Beratungsstellen zu suchen. Ihr könnt euch auch zusammen bei uns in unseren Beratungsangeboten melden.
  • Bleib einfach auch Freund*in. Es ist ganz wichtig, einfach Normalität zu haben und nicht immer über das eigene Problem sprechen zu müssen.


Übernimm dich nicht

Wichtig ist, dass du dich selbst nicht überforderst. Du kannst das Problem für die betroffene Person nicht lösen und auch niemals eine*n Therapeut*in ersetzen - das brauchst du auch gar nicht. Denn, du bist ein*e gute*r Freund*in und als das auch eine ganz wichtige und tolle Hilfe. Es gibt einfach Situationen, wo eine professionelle Unterstützung gefragt ist. Wird dir alles zu viel, dann hol dir Hilfe. Auch du als Angehörige*r kannst dich an Beratungsstellen wenden.
 

  • Selbst betroffen? Hier findest du Hilfe
    Verletzt du dich selbst, dann kann Unterstützung echt hilfreich sein. Hier bekommst du erste Tipps! Gerne kannst du dich auch bei uns in unseren Beratungskanälen melden, um gemeinsam im direkten Kontakt zu überlegen, was für dich hilfreich sein kann.

     

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