Fünfer im Halbjahreszeugnis – was nun?

Eine negative Schulnachricht verdirbt so manchen Familien die Semesterferien. Was können Eltern tun, um den Nachwuchs zu fördern statt zu demotivieren? Rat auf Draht gibt konkrete Tipps.

Wien (30.1. 2018) - In Mathematik ein Fünfer, in Latein ein Vierer und in Englisch „nur“ ein Dreier. Während die einen auf ein erfolgreiches Semester zurückblicken und sich über ein gutes Zeugnis freuen, ist die Zeugnisübergabe für andere ein Horror. Viele Eltern reagieren mit Enttäuschung gepaart mit Vorwürfen und Konsequenzen. Katastrophenstimmung und Ratlosigkeit machen sich breit und bei so manchen fahren die Emotionen Achterbahn. Doch gerade jetzt ist es umso wichtiger nicht in Panik zu verfallen und einen kühlen Kopf zu bewahren! Ein schlechtes Zeugnis ist noch lange kein Weltuntergang.

„Bei Rat auf Draht ist rund um die Zeugnisverteilung immer besonders viel los. Viele Kinder und Jugendliche, die sich bei Rat auf Draht melden, fürchten sich vor der Reaktion ihrer Eltern oder Erziehungsberechtigten. Einige trauen sich mit einem schlechten Zeugnis auch nicht nach Hause und haben Angst vor den möglichen negativen Konsequenzen oder Strafen“, sagt Birgit Satke, Leiterin von Rat auf Draht.

Was aber nun konkret tun, wenn der Nachwuchs mit einem Zeugnis voller schlechter Noten nach Hause kommt? Hier einige Tipps, wie man reagieren sollte, damit das Kind gefördert und nicht demotiviert wird:

Erholungsphasen sind wichtig
Ferien sind Ferien. Geben Sie Kindern die Möglichkeit, eine Auszeit von anstrengenden und stressigen Schulalltag zu nehmen und abzuschalten. Ein Schuljahr ist anstrengend, egal, ob man es positiv oder negativ abgeschlossen hat. Erholung ist wichtig, denn ohne Entspannung kann man auch nicht optimal lernen.  

Suche nach Ursachen
Es ist sinnvoll, sich gemeinsam mit dem Kind auf die Suche nach dem Grund für das schlechte Abschneiden zu begeben. Bestimmt gibt es Gründe, warum die Noten schlecht sind. Liegt es am Stoff, am Verständnis, an einer schlechten Zeiteinteilung beim Lernen, an Konzentrationsproblemen, an zu vielen anderen Aktivitäten, die dem Kind die Erholungsphasen und die Zeit rauben? Sprechen Sie darüber, was Sie gemeinsam tun können, damit die Leistungen im nächsten Jahr besser werden. Das Problem gemeinsam anzugehen motiviert Kinder und Eltern. Hilfreich ist dabei das Erstellen eines Plans, bei dem realistische Ziele mit fixen Lernzeiten und auch Lernbereichen festgelegt werden. Strukturen und Zeitpläne geben dem Kind Sicherheit. Auf diese Weise rückt das Ziel in greifbare Nähe. Oft ist es auch sinnvoll, sich Hilfe von außen zu holen. Das können Mitschüler, Verwandte oder Freunde sein. Eventuell können auch Nachhilfe oder Lernbegleitung helfen vorhandene Wissenslücken zu schließen.
 
In Kontakt bleiben
Wenn die Noten schlechter ausgefallen sind als erwartet, bringt ein großes Donnerwetter gar nichts. Kinder und Jugendliche sind in der Regel selbst unzufrieden über schlechte Leistungen in der Schule. Deshalb sollten Eltern ihre eigene Enttäuschung und ihren Ärger nicht in den Vordergrund stellen. Kinder brauchen besonders in dieser Zeit Unterstützung und die Gewissheit, dass ihre Eltern sie auch trotz schlechter Noten lieben. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass das Schulergebnis für Sie nichts an Ihrer Liebe zu ihm ändert. Reagieren Sie auch nicht mit Schweigen oder sonstigem abweisenden Verhalten. Das vergrößert nur den Zeugnisfrust und die Schulunlust. Jetzt ist es besonders wichtig in Kontakt zu Ihrem Kind zu bleiben!

Positives hervorstreichen
Sich über schlechte Noten zu ärgern, ist eine normale Reaktion der Eltern. Doch sollte diese Reaktion nicht dazu führen, dem Kind zu vermitteln, dass es nichts kann und dass aus ihm nichts wird. Solche Aussagen sind verletzend und fördern nicht die Motivation. Bevor Sie die schlechten Beurteilungen zum Thema machen, fokussieren Sie sich auf die guten Zeugnisaussagen. Ihr Kind hat bestimmt nicht in allen Fächern schlechte Noten, daher würdigen Sie auch seine guten Leistungen. Beginnen Sie ein Gespräch mit Ihrem Kind positiv und erkennen Sie gute Leistungen Ihres Kindes an. Hat Ihr Kind besondere Stärken in einigen Fächern oder hat es sich in einem Gegenstand verbessert, dann kann sich anerkennendes Lob positive auf das Selbstbewusstsein ihres Kindes auswirken und den Blick auf besondere Talente lenken.

Hausarrest und Strafen sind kontraproduktiv!
Bestrafungen und das Streichen von Hobbies wie Fußball, Volleyball oder Tanzen wirken sich negativ auf die Motivation aus. Wenn man Kindern Dinge wegnimmt, für die sie sich mit Leidenschaft engagieren, verlieren sie entscheidende Bereiche, bei denen sie Erfolgserlebnisse haben. Durch ein Verbot lassen sich die Noten keinesfalls verbessern. Gerade bei schulischen Problemen brauchen Kinder Erfolgserlebnisse außerhalb der Schule. Ein Sieg mit der Fußballmannschaft oder dem Volleyball-Team stärkt das Selbstbewusstsein und die Motivation.

Was Zeugnisse zeigen
Ein Zeugnis zeigt den aktuellen Stand eines Kindes in jedem Schulfach im vergangenen Semester bzw. Schuljahr. Es sagt nichts über den Intelligenzstand eines Kindes aus. Es zeigt nicht, wie sich ein Kind im vergangenen Schuljahr entwickelt hat, ob es durch Krisen gegangen, ihm die Pubertät im Weg gestanden ist oder der erste Liebeskummer zu groß zum Lernen war. Es zeigt auch nicht, ob sich das Kind in der Klassensituation wohl fühlt und gerne in die Schule geht. Viele Eigenschaften, Fähigkeiten und Talente werden in der Schule überhaupt nicht abgerufen und spielen dort keine Rolle. Deshalb ist es wichtig, dem Kind gegenüber zu betonen, welche Begabungen es außerhalb der Schule hat, die nicht durch das Zeugnis bewertet werden. Vielleicht kann ihr Kind besonders gut mit Menschen umgehen und ist besonders hilfsbereit oder es findet unkonventionelle und kreative Lösungsstrategien bei diversen Problemen.

Gute Noten = Toller Job?
Gute Noten gelten als wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche berufliche Zukunft. Aufgrund dieser Tatsache ist der Leistungsdruck an den Schulen stark gestiegen. Schlechte Noten im Zeugnis können daher bei Schülern Stress und Angst auslösen und bei Eltern ein Grund zur Besorgnis sein. Ein gutes Zeugnis ist jedoch keineswegs ein Gradmesser für Erfolg und Glück im Leben. Weder führt ein tolles Zeugnis zwangsläufig zum Traumberuf, noch bedeutet ein schlechtes Zeugnis Misserfolg im Leben. Wer kennt nicht das Erstaunen beim Klassentreffen, wenn ausgerechnet derjenige gerade arbeitslos ist, dem man eine große Karriere vorausgesagt hatte? Oder wenn sich der Klassenkamerad mit den schlechtesten Noten erfolgreich selbstständig gemacht hat?

Klasse wiederholen
Vielen Kindern und Jugendlichen tut es mitunter gut, eine Klasse zu wiederholen. Für Eltern und Kinder ist der Gedanke an eine Klassenwiederholung im ersten Moment schrecklich. Die Scham, nicht gut genug gewesen zu sein, die Angst, in eine neue Klassengemeinschaft hineinzukommen und sich auf neue Lehrer einstellen zu müssen, beeinträchtigen das Wohlbefinden. Andererseits kann eine Klassenwiederholung dem Kind auch helfen. Es hat den Stoff schon einmal gehört und kann sein Wissen aus dem Vorjahr nützen, um bessere Noten zu schreiben. Somit kann es vielleicht zum ersten Mal Erfolge erzielen, die ihm bisher versagt geblieben sind. Durch solche Erfolge steigt fast immer auch der Selbstwert eines Kindes.

Und wenn es aufgrund des schlechten Semesterzeugnisses trotzdem zu Problemen oder Schwierigkeiten  kommt oder die Situation eskaliert, Rat auf Draht ist auch in den Ferien unter der Notrufnummer 147 rund um die Uhr aus ganz Österreich erreichbar! Der Anruf kostet nichts und ist anonym.

www.rataufdraht.at
 
Rückfragen:
Martina Stemmer  
Pressesprecherin Rat auf Draht/SOS-Kinderdorf
Mobil +43 676 88144 243
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