Wien, am 25. Mai 2023. Rund 250.000 Kinder werden jährlich in Europa als vermisst gemeldet. Anders ausgedrückt: Alle zwei Minuten verschwindet in Europa ein Kind, wie Missing Children Europe (MCE), die europaweite Dachorganisation nationaler Vermissteneinrichtungen, meldet. Für die Eltern beginnt damit eine Zeit der Ungewissheit, Hilfe finden sie unter der Telefonnummer 116000, der Hotline für vermisste Kinder, die in Österreich von den Expert*innen der Notrufnummer 147 von Rat auf Draht betreiben wird.
Allein im Jahr 2022 gingen bei den 116000 Hotlines, die in 32 Ländern Europas betrieben werden, 70855 Anfragen zu 6668 Fällen ein. Bei den meisten dieser Fälle handelt es sich um Kinder, die von Zuhause weggelaufen sind (66 Prozent), bei 24 Prozent handelte es sich um Entführungen durch ein Elternteil, und ein kleiner, aber bedeutender Anteil von drei Prozent betraf vermisste Kinder aufgrund von Migration, heißt es im MCE-Bericht weiter.
In Österreich bearbeitetet die 116000 rund 140 Fälle vermisster Kinder pro Jahr. Auch hier handelt es sich zu einem Großteil um Ausreißer. „Oft erkundigen sich Eltern was sie nun tun können, um herauszufinden wo ihr Kind ist. Neben praktischen Infos, die wir weitergeben, versuchen wir, auch mehr über die Hintergründe des Ausreißens in Erfahrung zu bringen und Lösungen zu finden, damit es nicht noch einmal passiert. Häufig stecken laut den Eltern familiäre Konflikte dahinter, weil sich Jugendliche nicht an vereinbarte Regeln wie Ausgehzeiten oder das Übernachten beim Freund/bei der Freundin halten wollen“, sagt Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147 von Rat auf Draht.
Doch nicht nur Eltern, sondern auf ausgerissene Jugendliche selbst, melden sich bei der 116000 Hotline und suchen Unterstützung. „Wir versuchen gemeinsam mit den Anrufer*innen ohne Zwang zu überlegen, wie es weitergehen kann und lassen selbst entscheiden, ob sie einen unserer Vorschläge in Anspruch nehmen wollen“, sagt Satke. Diese Vorschläge können, je nach Situation, etwa die gemeinsame Kontaktaufnahme mit der Familie, der Polizei oder einer sozialen Einrichtung sein. Auch die Mithilfe beim Verfassen einer Nachricht an die Eltern oder die Suche nach einem sicheren Schlafplatz sind denkbar. Als Hintergründe für das Ausreißen nennen Jugendliche ebenfalls oft familiäre Konflikte, aber auch emotionale, körperliche oder sexuelle Gewalt.
Was tun, wenn das Kind vermisst wird?
Für Eltern ist die Situation, nicht zu wissen, wo ihr Kind ist, höchst belastend. Was können diese also tun? „Zunächst ist es wichtig, Ruhe zu bewahren, denn vermisste Kinder tauchen in den meisten Fällen innerhalb weniger Stunden oder Tage wieder auf. Entweder, weil sie ausgerissen sind oder schlicht vergessen haben, Bescheid zu geben. Versuchen Sie zuallererst, Ihr Kind telefonisch zu erreichen. Klappt das, vermitteln Sie Gesprächsbereitschaft. Vermeiden Sie auf jeden Fall, Ihrem Kind Vorwürfe zu machen“, rät Satke.
Danach sollte der Bekannten- und Freundeskreis des Kindes abgeklappert werden, den in nicht wenigen Fällen hält sich das Kind bei Bekannten oder Verwandten auf. Hier sollten Eltern vermitteln, dass es ihnen in erster Linie darum geht, herauszufinden, ob ihrem Kind etwas zugestoßen sein könnte. „Denn wir bekommen auch einige Anrufe von Eltern von Freund*innen des ausgerissenen Jugendlichen die fragen, ob es gesetzlich erlaubt ist, dass sie den*die ausgerissene*n Freund*in bei sich übernachten lassen“, so Satke. Führt all das zu keinem Ergebnis, sollte eine Vermisstenmeldung auf der nächsten Polizeidienststelle folgen. „Diese Meldung kann jederzeit gemacht werden, es gibt dafür keine Wartefrist“, so Satke.
Über die 116000
Die Hotline für vermisste Kinder bietet rund um die Uhr kostenlos und anonym emotionale Unterstützung und praktische Hilfe für Eltern - egal, ob es um Ausreißer oder Kindesentzug/Kindesentführung ins Ausland geht. Rat auf Draht ist zudem Mitglied von "Missing Children Europe" und kann in diesem Netzwerk mit Vermisstenorganisationen anderer europäischer Staaten zusammenarbeiten. Unterstützt wird die 116000 Hotline vom Bundesministerium für Inneres und dem Bundeskanzleramt.
Weitere Informationen zur Hotlinfe für vermisste Kinder gibt es hier.
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