Was Eltern präventiv tun können, um ihre Kinder bestmöglich vor sexuellen Übergriffen zu schützen.

Sexueller Missbrauch ihres Kindes, egal in welcher Form, ist wohl das Schlimmste, das Eltern erleben können. „Einen hundertprozentigen Schutz davor gibt es leider nicht. Eine sensible Erziehung von Geburt an kann allerdings das Risiko dafür deutlich senken“, erklärt Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147 von Rat auf Draht.

Wichtig ist, dass Kinder so früh wie möglich lernen, ihre eigenen Gefühle wahrzunehmen und ihnen auch zu vertrauen. „Je selbstverständlicher es für ein Kind ist, auf seine Emotionen zu hören, desto eher werden sie auch in gefährlichen Situationen als Hilfe herangezogen“, führt die Expertin aus. Eltern sollten daher ihren Nachwuchs regelmäßig nach seinen Gefühlen befragen und diese auch ernst nehmen. „Um Kindesmissbrauch weniger Möglichkeit zu geben, ist es ganz wichtig, dass Eltern mit ihren Kindern in einem guten Austausch stehen. Kinder sollten die Sicherheit haben, alles mit ihren Eltern besprechen zu können, auch unangenehme Dinge“, sagt Satke. Auch ein starkes Selbstbewusstsein kann Schutz bieten, denn selbstbewusste Kinder sind aus Sicht der Täter*innen oft weniger interessant.

Kindgerechte Sexualerziehung

„Kindgerechte Sexualerziehung ist von Beginn an ein wichtiger Schutzfaktor gegen sexuelle Gewalt“, erklärt Satke. Es gibt auch Fachliteratur für jedes Alter, die zu Rate gezogen werden kann, um die richtige Sprache für die Sexualaufklärung zu finden. Satke: „Aufgeklärte Kinder können in der Regel auch besser benennen, was ihnen widerfahren ist.“ Das Recht über den eigenen Körper zu bestimmen, muss ebenfalls Thema präventiver Erziehung sein. Kinder müssen lernen „Nein“ zu sagen, wenn sie etwas nicht möchten und Eltern die Grenzen ihrer Kinder wahren und auch erlauben, dass die Kinder auf deren Einhaltung bestehen.

Ein Vorbild sein

Dabei spielt die Vorbildfunktion der Eltern ebenfalls eine Rolle: Diese sollten ihren Kindern vorleben, dass man Grenzen setzen, Gefühle zeigen und „Nein“ sagen darf. Bei weiblichen Vorbildern kann es umso schützender wirken, je selbstbewusster diese auftreten und je deutlicher sie ihre Grenzen ziehen. Männliche Bezugspersonen sollten vermitteln, dass auch Burschen Gefühle zeigen und sich Hilfe holen dürfen.

Wie verhalten, wenn es bereits passiert ist?

Sollte es bereits zu einem sexuellen Übergriff gekommen sein, rät die Expertin: „Hinschauen, Zuhören und Handeln“. Eltern sollten dann ganz besonders als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, sensibel und hellhörig auf diverse Veränderungen im Verhalten des Kindes sein und regelmäßig signalisieren, dass über schwierige Themen ohne Verurteilung gesprochen werden kann.

Niederschwellige Angebote für Betroffene und deren Angehörige

Letztlich gilt es, Verantwortung zu übernehmen und sich Hilfe und Unterstützung bei Beratungseinrichtungen und Expert*innen zu holen (Kinderschutzzentren, Kinder- und Jugendhilfe, (Trauma)Therapeut*innen, etc.). Rat auf Draht bietet zwei besonders niederschwellige Angebote: Die Notrufnummer 147 für Kinder und Jugendliche sowie die Elternseite (elternseite.at) für Eltern und Bezugspersonen. 2022 wurden auf der Notrufnummer 147 insgesamt 521 Beratungsgespräche zum Themenbereich sexuelle Gewalt (sexuelle Belästigung, sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, geschlechtliche Nötigung) mit Kindern und jugendlichen Anrufer*innen geführt. Auch die Elternseite berät mindestens einmal pro Monat zu dieser Thematik.