Wenn der Nachwuchs allein verreisen will

Eine Woche mit Mama und Papa ans Meer? Zwei Wochen wandern? Viele Jugendliche stellen sich ihren Urlaub anders vor: Open-Air-Festivals, Abenteuer mit Freunden – am besten weit weg von den Eltern. Wie geht man als Erziehungsberechtige/r damit um? Rat auf Draht gibt Tipps.

„Mit dem Eintritt in die Pubertät verliert der gemeinsame Familienurlaub oft zunehmend an Attraktivität“, sagt Birgit Satke, Leiterin von Rat auf Draht. „Für Eltern bedeutet diese Situation eine Gratwanderung zwischen Freiraum geben und Grenzen setzen“, so Satke.

Wie geht man damit um? Welche Gesetze gelten, worauf sollte man achten? Antworten finden Sie hier.

Rechtliche Situation
Eine gesetzliche Regelung, die vorgibt, ab wann man als Elternteil den Nachwuchs alleine verreisen lassen muss bzw. soll, gibt es in Österreich nicht. Die Entscheidung - und damit auch die Verantwortung - liegt bis zum 18. Geburtstag bei den Eltern. Das Jugendschutzgesetz gibt jeweils einen rechtlichen Rahmen vor. Sie dürfen nichts über diesen gesetzlichen Rahmen hinaus erlauben, allerdings strengere Regeln festsetzen. Es gelten jeweils die Jugendschutzgesetze am jeweiligen Urlaubsort! Wohnen Sie mit Ihrer Familie z.B. in Oberösterreich und möchte Ihr Kind bei einem Festival im Burgenland campen, gelten die burgenländischen Jugendschutzgesetze. Das gilt auch für Reisen außerhalb von Österreich.
 
Wann ist mein Kind reif genug für einen Urlaub ohne Eltern?
Der Wunsch nach einem Urlaub ohne Eltern kommt meist schon sehr früh auf, sollte aber nicht unbedingt immer gleich in die Tat umgesetzt werden. Denn das Alter allein ist nicht entscheidend, vielmehr geht es um die persönliche Reife der Kinder. Eltern kennen ihre Kinder am besten und wissen daher, wie viel an Eigenverantwortung sie ihrem Nachwuchs übertragen können. Die Entscheidung ob, wie und in welchem Alter man das eigene Kind alleine verreisen lässt, ist daher sehr unterschiedlich und individuell.

Wie sollte man den ersten Urlaub ohne Eltern gestalten?
Die Distanz zum trauten Heim sollte vor allem am Anfang nicht zu groß sein. Vielleicht nicht gleich in ein anderes Land, sondern zum Beispiel mit dem Zug in ein benachbartes Bundesland. Dies bietet einige Vorteile: Die Menschen sprechen dort die gleiche Sprache, und bei Krankheiten, Notfällen oder Heimweh können die Eltern schnell zum Kind bzw. das Kind zurück nach Hause. Funktioniert das gut, gewinnt das Kind an Selbstvertrauen und auch das Vertrauen der Eltern in den Nachwuchs steigt.

Gut vorbereiten
Klären Sie mit Ihrem Kind gemeinsam, wie genau es sich einen Urlaub ohne elterliche Begleitung vorstellt. Denn ohne Eltern muss nicht gleich heißen, dass Ihr Kind ganz ohne Aufsicht verreist. Möglicherweise möchte es eine Sprach- oder Sportreise unternehmen, mit einer Jugendgruppe in den Urlaub, oder sich einer Aktivfreizeit anschließen. Nehmen Sie sich daher gemeinsam mit Ihrem Kind ausreichend Zeit für die Planung eines solchen Urlaubes.

Was sollte unbedingt beachtet werden?
 

  • Beziehen Sie zunächst in Ihre Entscheidung mit ein, inwiefern Sie sich im Alltag auf Ihr Kind verlassen können und wer die Reisepartner/innen sind.
     
  • Erkundigen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Kind über die Jugendschutzbestimmungen am Urlaubsort, vor allem hinsichtlich auswärtigen Übernachtens (in Hotels, Jugendherbergen und auf Campingplätzen), das Weggehen am Abend, den Besuch von Lokalen und Veranstaltungen, sowie den Konsum von Alkohol. Wenn Ihr Kind ins Ausland reist, gelten die dortigen Jugendschutzgesetze. Was wo erlaubt ist, können Sie hier nachlesen: Jugendschutz in der EU 
     
  • Geben Sie Ihrem Kind eine Reisevollmacht mit, in der erklärt wird, dass Sie als Erziehungs-berechtigte/r mit dieser Reise einverstanden sind. Diese Vollmacht sollte auch Ihre Telefonnummer für eventuelle Nachfragen enthalten! Fürs Ausland ist es sinnvoll, das Schreiben entweder in der jeweiligen Landessprache mitzunehmen oder zumindest auf Englisch. Vorlagen für so eine Vollmacht in verschiedenen Sprachen finden Sie hier: Vollmacht für allein reisende Kinder und Jugendliche.
    Auf der Website des Bundesministeriums "Europa, Integration und Äußeres" finden Sie die Kontaktdaten zu den ausländischen Botschaften in Österreich.
     
  • Damit Ihr Kind zusätzlich abgesichert ist, sollten Sie ihm eine Kopie Ihres Ausweises (Reisepass, Personalausweis, etc.) mit Ihrer Unterschrift mitgeben.
     
  • Für den Krankheitsfall sollte Ihr Nachwuchs immer die E-Card dabei haben.  Außerhalb der EU ist es vorteilhaft, eine Reisekrankenversicherung abzuschließen. Auch medizinische Daten wie etwa diverse Allergien, die Blutgruppe, oder der Hinweis, dass Ihr Kind Diabetiker ist oder zu Epilepsie neigt, sollten sicherheitshalber auf einem Zettel vermerkt werden.
     
  • Buchen und bezahlen Sie vor der Reise die Unterkunft, da Personen unter 18 Jahren noch nicht voll geschäftsfähig sind. Lesen Sie sich Erfahrungsberichte über das Hotel, die Jugendherberge oder das Zeltlager durch.
     
  • Treffen Sie klare Vereinbarungen bezüglich des Kontakthaltens, an die sich dann sowohl Eltern als auch Jugendliche halten sollten. Ob ein tägliches SMS, eine WhatsApp-Nachricht, ein wöchentlicher Anruf oder bestimmte Skype-Zeiten handeln Sie am besten gemeinsam aus. Speichern Sie am Handy unter ICE (In Case of Emergency) Ihre Handynummer ein. Achtung immer mit der österreichischen Ländervorwahl 0043. Auch die europäische Notfallnummer 112 ist sinnvoll einzuspeichern.
     
  • Ihr Kind sollte ausreichend Geld mithaben, eventuell auch zusätzliches Geld für mögliche Notfälle.
     
  • Besprechen Sie mit Ihrem Kind etwaige Not- und Zwischenfälle im Voraus. So ungern man daran denken möchte, diverse Probleme können auf Reisen auftauchen: Der Pass, das Geld oder das Handy könnte gestohlen werden, der Flug könnte Verspätung haben oder gestrichen werden, oder man könnte erkranken. Um für den Fall, dass tatsächlich etwas passiert, vorbereitet zu sein, empfiehlt es sich daher, diverse Situationen durchzusprechen.

Rat auf Draht ist auch in den Sommermonaten unter der Nummer 147 rund um die Uhr aus ganz Österreich oder schriftlich via Online und Chat Beratung erreichbar! Der Anruf kostet nichts und ist anonym.

Rat auf Draht ist Österreichs wichtigster Notruf für Kinder und Jugendliche. Er wird von SOS-Kinderdorf vorwiegend über Spenden finanziert.

www.rataufdraht.atwww.sos-kinderdorf.at

Spendenkonto: IBAN: AT10 2011 1827 1734 4400

Rückfragen: Rat auf Draht | SOS-Kinderdorf, martina.stemmer@sos-kinderdorf.at, T.: 0676 / 881 44 243