Du hast ein Recht auf Privatsphäre
Was, wenn eure Eltern, Geschwister oder Freund:innen einfach immer ins Zimmer platzen oder alles wissen wollen. Was auch für Eltern nicht erlaubt ist und viele Fakten zur Privatsphäre könnt ihr hier nachlesen.
Privatsphäre - Ein Kinderrecht
In der UN-Kinderrechtskonvention ist festgehalten, dass Kinder ein Recht auf Privatsphäre haben. Es ist also ein Recht jedes Kindes, das auch Eltern, Partner:innen und Freund:innen wahren müssen. Das gilt sowohl für das Privatleben, den Schriftverkehr, die Wohnung und auch den Ruf. Einige Bereiche der Privatsphäre sind durch Gesetze sogar strafrechtlich geschützt, z. B. durch das Briefgeheimnis oder das Fernmeldegeheimnis.
Tipp
Privatsphäre - was ist das?
Die Privatsphäre ist der ganz persönliche Bereich des Lebens eines jeden Menschen, der sonst niemanden etwas angeht. Jeder Mensch hat ein Recht auf einen eigenen Bereich, in dem jeder tun und lassen kann, was man möchte und völlig unbeobachtet ist. Privatsphäre bedeutet z. B. ganz konkret, dass du in deinem Zimmer einfach mal die Türe zumachen kannst und niemand anderer als du selbst mitbekommt, was du dort machst.
Dieses Recht ist ein ganz besonderes wichtiges Recht, da es eben auch Kindern und Jugendlichen einen ganz persönlichen Bereich zuspricht. Was das für einzelne Situationen bedeutet, haben wir im Folgenden zusammengefasst:
Dürfen Eltern deine Post öffnen?
Bei Briefen müssen deine Eltern die Privatsphäre respektieren. Wenn du einen verschlossenen (also zugeklebten) Brief bekommst, dürfen ihn deine Eltern aufgrund des Briefgeheimnisses nicht öffnen. Sie dürfen auch streng genommen keine geöffneten Briefe lesen, die du in deinem Zimmer in einer geschlossenen Lade oder Schachtel aufbewahrst. Unverschlossene Briefe oder Postkarten fallen nicht unter das Briefgeheimnis und dürfen im Prinzip auch von den Eltern gelesen werden.
Dürfen deine Eltern deine Mails bzw. Tagebücher lesen?
Bei Mails kann man nicht genau sagen, ob sie unter das Briefgeheimnis fallen. Es ist allerdings eher anzunehmen, dass bei Mails das Briefgeheimnis nicht gilt, da sie nicht verschlossen sind. Allerdings könnte es sein, dass sie durch das Fernmeldegeheimnis geschützt sind, welches das Mithören, Abhören, Aufzeichnen, Abfangen und Überwachen von Informationen verbietet.
Klar ist aber, dass auch bei Mails das Recht auf Privatsphäre gilt und Eltern auch diese nicht wirklich lesen dürfen. Das gilt auch für Tagebücher und andere persönliche Schriftstücke von dir. Eltern dürfen diese auch nicht anderen zeigen oder z. B. in Facebook Auszüge davon hochladen.
Dürfen deine Eltern dein Zimmer durchsuchen?
Auch das Durchsuchen deines Zimmers z. B. nach Informationen, ob du eine:n Freund:in hast, bereits Kondome gekauft hast, etc. ist nach dem Recht auf Privatsphäre absolut nicht okay.
Dürfen Eltern dein Handy kontrollieren?
Nach dem Recht auf Privatsphäre ist es nicht in Ordnung, wenn deine Eltern deine Nachrichten lesen, in deinem Handy nachsehen, wen du angerufen hast oder deine Accounts in sozialen Netzwerken durchforsten.
Achtung Ausnahme!
Wann dürfen deine Eltern doch deine Sachen kontrollieren?
Es gibt auch Situationen, in denen deine Eltern alles von dir kontrollieren dürfen. Und zwar immer dann, wenn es Gründe gibt, die das Handeln deiner Eltern rechtfertigen. Das gilt z. B. dann, wenn die Vermutung besteht, dass du Drogen nimmst, dich strafbar machst oder in Gefahr bist, z. B. von Gewalt bedroht bist, missbraucht wirst, etc.
Dein Recht auf Rückzugsmöglichkeit
Das Recht auf Privatsphäre bedeutet auch, dass es für dich einen Ort geben sollte (z. B. dein eigenes Zimmer), wo du dich alleine zurück ziehen kannst und einfach einmal ganz für dich alleine sein kannst.
Dürfen Lehrer:innen deine Schultasche bzw. dein Handy durchsuchen?
Lehrer:innen dürfen weder deine Schultasche noch dein Handy durchsuchen! Einzige Ausnahme ist, wenn der Verdacht einer Straftat besteht. Gibt es z. B. den Verdacht, dass du Gewaltvideos auf deinem Handy hast, darf der oder die Lehrer:in z. B. die Messages ansehen.
Tipp
Auch wenn es vielleicht ein bisschen Überwindung braucht - trau dich, gegenüber anderen klar zu sagen, was deine Privatsphäre verletzt. Egal ob deinen Eltern, deinen Freund:innen, deinem Schwarm oder deinen Lehrer:innen gegenüber. Es kann helfen, dabei ganz ruhig zu bleiben und klar zu formulieren, was dir zu weit geht.
Tipp
Was tun, wenn deine Privatsphäre verletzt wird?
Das Recht auf Privatsphäre ist leider nichts, was man einfach so einklagen kann. Es ist aber eine gute Grundlage, um mit Erwachsenen ganz allgemein über dieses Thema zu sprechen und mit ihnen gewisse Regeln auszuhandeln.
Wenn du z. B. das Gefühl hast, dass sich deine Eltern gar nicht daran halten und wirklich alles kontrollieren, ohne dass sie Grund zur Sorge haben, dann könntest du einmal mit ihnen über Vertrauen sprechen. Sag ihnen ganz ehrlich, wie du dich fühlst, wenn sie alles von dir kontrollieren und erkläre ihnen, dadurch das Gefühl zu haben, dass sie dir nicht vertrauen. Frage sie, warum das so ist.
Versuche Kompromisse mit ihnen einzugehen, z. B.:
- dass sie anklopfen, bevor sie in dein Zimmer kommen
- dass sie dich fragen, wen du angerufen hast, anstatt dein Handy zu kontrollieren.
- dass du dein Zimmer selbst aufräumst, bevor beim Aufräumen auch deine persönlichen Dinge plötzlich gar nicht mehr privat sind.
Überlege für dich, was dir am aller wichtigsten ist, dann könntest du dich dafür mal zuerst einsetzen.
Wenn z. B. ein:e Lehrer:in von dir verlangt, ihm oder ihr deine Schultasche oder dein Handy zu geben bzw. zu öffnen, dann frage ruhig, was der Grund dafür ist, denn ohne Grund ist es einfach nicht erlaubt, dass er oder sie sich Zugang verschafft! Bitte notfalls den oder die Klassensprecher:in oder eine:n Lehrer:in deines Vertrauens um Hilfe.
Gibt es einen Moment, in dem die Privatsphäre nicht gewahrt wird, kann das ganz unterschiedliche Gefühle auslösen, es kann z. B. ärgern und/oder kränken. Dann kann beispielsweise helfen, damit nicht allein zu bleiben und sich an Vertrauenspersonen zu wenden. Einerseits, um sich zu erleichtern, andererseits können diese Personen vielleicht auch bei Gesprächen darüber unterstützen, dass die Privatsphäre in Zukunft geachtet wird.
Auch wir sind in unseren Beratungsangeboten gerne da, um mit dir zu überlegen, was du und deine Gefühle brauchen und um gemeinsam zu erarbeiten, was in deiner individuellen Situation hilfreich sein kann.
Die Privatsphäre gilt auch für Geschwister
Auch Geschwister müssen deine Privatsphäre wahren. Vor allem jüngere Geschwister sind häufig noch nicht alt genug, um das von selbst verstehen zu können. Da brauchst du dann die Hilfe deiner Eltern. Bitte sie, dich dabei zu unterstützen, dass du auch mal alleine in deinem Zimmer sein kannst.
Freund:innen und Privatsphäre
Es gibt auch Freund:innen, die z. B. unbedingt das Passwort in sozialen Netzwerken wissen wollen, einfach im Mailpostfach nachschauen oder das Handy durchstöbern. Egal, ob ihr Freund:innen oder ein Liebespaar seid, auch hier gilt das Recht auf Privatsphäre. Es ist nicht okay, wenn dein:e Partner oder Partnerin deine Social Media Accounts kontrolliert, dein Handy durchsucht, etc. Setze eine klare Grenze und sage, dass du das nicht möchtest.
Gerade auch gegenüber Freund:innen oder dem oder der Partner:in ist es wichtig, auf die Einhaltung gewisser Grenzen zu bestehen, denn Liebe oder Freundschaft heißt nicht, dass man wirklich alles mit dem oder der anderen teilen muss. Ganz im Gegenteil es bedeutet, die Grenzen des oder der anderen zu respektieren und ernst zu nehmen.
Tipp
Tipps und Tricks zum Schutz deiner Privatsphäre
Viele Eltern gewähren ihren Kindern ohnehin ihre Privatsphäre. Wenn es in deiner Familie kein Problem damit gibt, dann können dir folgende Tricks noch zusätzlich helfen:
"Bitte nicht stören" Schild
Eine Möglichkeit besteht darin, an die Türklinke ein Schild mit "Bitte nicht stören" oder einem ähnlichen Text zu hängen, wenn du wirklich einmal ganz für dich alleine sein möchtest.
Wahre auch die Privatsphäre deiner Eltern
Wenn deine Eltern merken, dass du respektvoll mit ihrer Privatsphäre umgehst, ist es für sie viel schwerer, deine zu missachten. Wenn sie z. B. im Schlafzimmer sind, dann klopfe lieber an, bevor du reingehst. Wenn Post kommt, gib sie ihnen immer ungeöffnet. Frage nach, bevor du das Handy deiner Eltern nimmst. Lies auch nicht die Messages deiner Eltern oder ihre Mails. Das hilft dir vor allem auch dann, wenn du mit ihnen über deine Privatsphäre verhandeln möchtest.
Passwörter
Schütze dein Handy mit einem Passwort. So können deine Eltern es nicht einfach durchsuchen, wenn es irgendwo rumliegt. Wenn ihr in der Familie einen PC oder ein Laptop gemeinsam verwendet, dann bitte deine Eltern, dass jede:r von euch einen eigenen Zugang mit Passwort erhält. Wähle dabei Passwörter, die man nicht gleich erraten kann.
Ort für besonders private Dinge
Wenn du Tagebuch führst oder es dir bei besonderen Sachen wichtig ist, dass sie niemand sieht, dann könntest du dir dafür auch ein Kästchen oder eine Kassa wünschen, die du versperren kannst.
Fordere deine Privatsphäre ein
Auch für Eltern ist es oft schwierig einzuschätzen, was ihren Kindern bereits unangenehm ist und was nicht. Versuche deine Eltern als erstes ganz ehrlich zu bitten z. B. wenn du beim Duschen alleine sein möchtest oder gerne einen Schlüssel für dein Zimmer hättest. Viele Eltern können das verstehen.
Privatsphäre schützt vor Strafe nicht
Privatsphäre bedeutet nicht, dass man in seinem persönlichen Bereich dann auch Dinge tun darf, die gesetzlich verboten sind. Auch im Rahmen deiner Privatsphäre ist es nicht okay und nicht erlaubt, irgendetwas zu tun, das gegen das Gesetz verstößt. Wie schon erwähnt, ist bei Verdacht sogar das Briefgeheimnis und eben auch das Recht auf Privatsphäre aufgehoben. Wenn also deine Eltern das Gefühl haben, dass du z. B. Drogen nehmen könnest, dich nationalsozialistischen Gruppierungen anschließt, von Gewalt oder Missbrauch bedroht oder betroffen bist, etc., dann liegt es in ihrer Verantwortung, tätig zu werden, denn dann geht es um deinen Schutz, der vorrangig ist.
Tipp
Wahre auch die Privatsphäre anderer
Jeder Mensch hat das Recht auf Privatsphäre, egal ob Promi, Eltern, Lehrer:innen, Freund:innen, u.s.w. - es ist wichtig, achtsam zu sein und die Privatsphäre anderer zu wahren.
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