Was ist Bulimie?
Bulimie zählt zu den Essstörungen und wird auch als "Bulimia nervosa" oder "Ess-Brech-Sucht" bezeichnet. Gerade diese Bezeichnung führt oft auch zu Missverständnissen.
Bei dieser Krankheit kommt es zu plötzlich auftretendem Heißhunger und Essanfällen, bei denen große Nahrungsmengen zu sich genommen werden. Betroffene Menschen haben dabei das Gefühl, nicht mit dem Essen aufhören zu können. Man verliert dabei die Kontrolle darüber, "was" und "wie viel" gegessen wird. Gegessen wird alles, was einem an Essbarem in die Hände fällt. Es wird auch gar nicht geschmeckt, was man isst. Betroffene beschreiben es oft, als eine Art Schlingen.
Nach diesen Anfällen leiden betroffene Personen häufig unter Schuldgefühlen. Sie schämen sich für ihren Kontrollverlust. Aber auch andere Gefühle wie Angst und Panik vor einer Gewichtszunahme sind in dieser Phase besonders stark. Um den Essanfall wieder "gut" zu machen, wird alles versucht, um zu verhindern, dass das Essen zu einer Gewichtszunahme führt. Es kommt also zu Gegenmaßnahmen, die sehr unterschiedlich sein können. Viele glauben, dass alle Bulimie Erkrankten erbrechen, doch das ist nicht so! Erbrechen ist eine der Gegenmaßnahmen, andere sind etwa der Missbrauch von Abführmitteln, Hungerphasen, die Einnahme von Appetitzüglern oder ein extremes Ausmaß an Sport. Dabei kann es sein, dass Betroffene etwa schon unglaublich früh aufstehen, um noch vor der Schule drei Stunden laufen zu gehen. Die Gegenmaßnahmen, aber auch die Essanfälle werden von Betroffenen aufgrund der Scham versteckt. So ziehen sie sich oftmals immer mehr von anderen zurück. Oft werden sogar die Kontakte zu Freund*innen abgebrochen.
Da es sich bei der Bulimie um eine Erkrankung handelt, gibt es dafür auch sogenannte Kriterien mit denen Expert*innen eine Diagnose stellen können.
Kriterien der Bulimie
- Essanfälle bei denen in kurzer Zeit sehr große Mengen an Nahrung zu sich genommen werden.
- Maßnahmen, die die Gewichtszunahme durch die Essanfälle verhindern sollen, wie selbst herbeigeführtes Erbrechen, Abführmittel, Appetitzügler, Hungern, übermäßiger Sport etc.
- Übermäßige Beschäftigung mit Essen und der Kontrolle des Körpergewichts.
Wie kommt es zu einer Bulimie?
Es gibt nicht die typische Entstehung. Bei der Entstehung wirken oft mehrere Ursachen zusammen. Es kann genauso sein, dass man Ähnliches erlebt, sich aber keine Essstörung entwickelt. Mögliche Ursachen können sein:
Belastende Lebensumstände können bei der Entstehung einer Essstörung mitwirken, z. B. belastende Ereignisse Zuhause, Gewalterfahrungen oder Mobbing in der Schule.
Die Vorstellungen in der Gesellschaft was "schön" und "ideal" ist, spielen auch eine große Rolle. Die perfekten und überarbeiteten Bilder von dünnen Menschen in Zeitschriften, Social Media, Videos oder Filmen können ebenfalls ordentlich unter Druck setzen und den Wunsch wecken, auch so sein zu wollen.
Wie auch bei anderen Essstörungen kann am Beginn eine Diät stehen. Weil wenig gegessen wird, oder man sich selbst gewisse Lebensmittel "verbietet", kann es zu Heißhunger und einer "Essattacke" kommen, über die man dann die Kontrolle verliert.
Bulimie kann auch häufiger in Familien vorkommen, in denen Familienmitglieder bereits eine Essstörung oder ein problematisches Essverhalten haben. Auch wenn es in der Familie hohe Erwartungen an Schlankheit und Figur gibt, kann sich das ungünstig auswirken.
Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper kann auch durch persönliche Eigenschaften verstärkt werden. Z. B., wenn man generell hohe Ansprüche an sich selbst hat oder das Gefühl hat es anderen recht machen zu müssen. Aber auch Selbstzweifel und ein Wunsch nach Anerkennung und Zuneigung können etwas beitragen. Auch Leistungssport ist ein Risikofaktor.
Tipp
Eine Unzufriedenheit mit der Figur und eine Angst vor Gewichtszunahme hat meist nicht einfach mit dem Gewicht zu tun. Wenn du betroffen bist und merkst, dass deine Gedanken nur noch ums Thema Essen kreisen, melde dich. Du kannst mir uns einfach einmal anonym über das sprechen, was du gerade durchmachst. Wir sind gerne in unseren Beratungsangeboten für dich da!
Im Unterschied zur Anorexie (Magersucht), sind Menschen mit Bulimie häufig normalgewichtig, während Menschen mit Anorexie oft starkes Untergewicht aufweisen.
Es gibt bei Essstörungen auch so genannte "Mischformen", dass bedeutet, dass es Betroffene gibt, die gleichzeitig typische Symptome oder Verhaltensweisen der Anorexie als auch der Bulimie zeigen.
Mögliche Folgen der Bulimie
Bulimie kann schwere Auswirkungen auf den Körper und auch die psychische Gesundheit haben:
Häufiges Erbrechen schädigt dauerhaft etwa die Zähne und die Speiseröhre. Durch das Erbrechen oder die Anwendung von abführenden Mitteln oder Maßnahmen wird der Spiegel wichtiger Mineralstoffe (Elektrolyte) im Körper gesenkt. Das kann auch zu lebensbedrohlichen Herzproblemen führen. Auch die Nieren können schwer geschädigt werden.
Es kann auch zu Knochenschwund (Osteoporose), Hormonstörungen, Menstruationsstörungen und Magenproblemen bzw. starken Verdauungsproblemen, wie Verstopfung oder Durchfällen kommen.
Auch die Haare können ausfallen und die Konzentration kann stark beeinträchtigt sein.
Durch häufiges Erbrechen kann sich nach einiger Zeit auch die Gesichtsform verändern. Da die Ohrspeicheldrüsen vergrößert sein können. Gerade auch Hunger und Sättigung kann oft kaum noch wahrgenommen werden.
Auswirkungen auf Beziehungen bei Bulimie
Eine bulimische Erkrankung wird oft vor anderen Personen verborgen. Das Geheimhalten kann dazu führen, dass man sich anderen nicht mehr so nahe fühlt oder sich einsamer fühlt. Auch der innere Zwang, sich dauernd mit dem Thema Essen und Figur zu beschäftigen kann dazu führen, dass man sich weniger Zeit für Freund*innen oder Familie nimmt oder sich zurückzieht.
Hilfe bei Bulimie
Bei Bulimie gibt es verschiedene Hilfsangebote, die in Frage kommen können. Eventuelle körperlichen Folgen oder Probleme sollten in jedem Fall mit einem*einer Arzt*Ärztin abgeklärt werden. Für die Behandlung der Essstörung gibt es Beratungsstellen, ambulante oder stationäre Hilfe an Kliniken oder Psychotherapie bei niedergelassenen Psychotherapeut*innen. Es gibt einen Weg heraus!
Du kannst dich gerne auch in einem ersten Schritt bei uns melden.
Jemand anderem helfen bei Bulimie
Was kannst du tun, wenn dir jemand anvertraut, dass sie*er Bulimie hat?
Es ist sicher nicht leicht für erkrankte Personen, sich jemandem anzuvertrauen, weil sehr viele unter Schamgefühlen leiden und die Bulimie auch mit Ängsten verbunden ist. Wenn sich dir jemand anvertraut, ist schon mal ein wichtiger Schritt getan, weil sie*er dann beschlossen hat, mit ihren*seinen Gefühlen und Sorgen nicht alleine zu bleiben. Zuhören und einfach da sein, entlastet Betroffene.
Du musst dir selbst und der anderen Person keinen Druck machen oder Tipps in Bezug auf die Essstörung geben. Es geht einfach darum, dass du als Freund*in da bist. Du könntest der erkrankten Person allerdings sagen, dass du dir Sorgen machst z. B. dass du merkst, dass es ihr nicht gut geht, dass du das Gefühl hast, dass sie unglücklich ist oder dir auch Sorgen wegen den möglichen Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit machst.
Vielleicht ist es dann auch passend zu fragen, ob sie*er sich vielleicht einmal bei einer Beratungsstelle (anonym) wegen einer Hilfe erkundigen möchte. Manchmal kann es helfen, beim ersten Mal gemeinsam anzurufen und die Person zur Beratungsstelle zu begleiten. Wichtig ist aber auch, dass du das Problem nicht für die Person lösen kannst. Gerade wenn sich jemand Unterstützung holt, ist es wichtig, auch Zeiten zu haben, in denen es nicht um die Essstörung geht. Einfach "normale" Zeit mit Freund*innen, ohne dass diese darauf achten, was gegessen wird. Wir überlegen auch gerne in unseren Beratungsangeboten mit dir, wie du jemand unterstützen kannst!
So etwas zu erfahren, kann sehr belasten. Melde dich gerne, um einfach darüber zu reden, wie es dir mit deinen Gefühlen geht!