Erpressung mit Nacktbildern
Wenn Personen im Internet mit ihren Nacktbildern oder Nacktvideos erpresst werden, spricht man von Sextortion. Die Erpresser:innen verlangen meistens Geld und drohen damit, die Bilder oder Videos zu veröffentlichen.
Immer wieder melden sich junge Menschen bei uns, die Opfer einer "Sex-Falle" im Internet wurden. Eine junge Frau verleitet Burschen, aber auch Mädchen, dazu, Nacktbilder von sich zu schicken oder sich vor einer Cam auszuziehen bzw. sexuelle Handlungen an sich durchzuführen. Dann kommt es zur Erpressung.
So gehen die Erpresser:innen vor
Die Kontaktaufnahme erfolgt oft via Social-Media z. B. in Snapchat, WhatsApp, Instagram, Facebook oder auch in Online-Games. Ein Mädchen bzw. eine junge Frau nimmt Kontakt auf und beginnt einen Chat. Die junge Frau zeigt sich sehr interessiert und will vielleicht auch bald die Kontaktmöglichkeiten auf anderen Onlineplattformen austauschen z. B. in Instagram. Der Chat wird dann meistens sehr schnell erotisch und es wird vorgeschlagen, sich gegenseitig Nacktbilder zu schicken. Oder in einer ähnlichen Variante wird vorgeschlagen, in einen Videochat zu wechseln. Im Videochat zeigt sich die junge Frau dann meist gleich halb nackt und zieht sich weiter aus. Die Burschen und jungen Männer, aber auch immer wieder Mädchen und Frauen, werden dann aufgefordert, sich selbst auszuziehen bzw. sich selbst zu befriedigen. Viele gehen darauf ein, weil es ja aufregend ist. Zusätzlich fühlen sich viele sicher, weil sich beide Seiten intim zeigen.
Aber Achtung!
Die vermeintlich weibliche Chatpartnerin hat kein Interesse an einem „heißen“ Flirt. In Wahrheit stecken Betrüger:innenbanden dahinter. Geht man darauf ein und schickt man Nacktbilder, werden diese gespeichert oder gescreenshotet bzw. bei einem Videochat mitgefilmt. Die Sex-Falle schnappt zu. Man spricht hier von Sextortion.
Die erotische Stimmung kippt abrupt. Betroffenen erhalten eine Nachricht und werden darin aufgefordert Geld (häufig 300-500 Euro) innerhalb eines kurzen Zeitraumes über einen Geldtransferdienstleister zu überweisen. Die Betrüger:innen, die meistens von außerhalb Europas tätig sind, drohen damit, sonst die Bilder oder das Video zu veröffentlichen, es z. B. an die Instagram-Freund:innen bzw. andere Social-Media Kontakte weiterzuleiten oder auf YouTube zu stellen.
Manchmal wird auch eine Instagram-Gruppe erstellt, zu der einige Personen aus der Freundesliste des oder der Betroffenen hinzugefügt werden und damit gedroht, die Nacktbilder oder Nacktvideos dort zu posten. Oder es wird ein Mail an die Betroffenen geschickt, mit einem Zugangscode bzw. Link, zu einem noch nicht öffentlich zugänglichen YouTube Video. Das Opfer sieht darin das Video, das von ihm oder ihr aufgezeichnet wurde, und wird aufgefordert, zu bezahlen. Nur so könne man angeblich verhindern, dass das Video für alle öffentlich frei geschaltet wird.
Es kann auch vorkommen, dass kein Geld gefordert wird, sondern weitere sexuelle Handlungen vor der Kamera verlangt werden.
Tipp
Sei besonders vorsichtig, wenn es mit einer sehr attraktiven jungen Frau, die du zuvor noch nicht gekannt hast in einem Chat sehr schnell erotisch wird und sie vorschlägt sich gegenseitig Nacktbilder zu schicken oder sich im Videochat auszuziehen. Im Normalfall passiert das nicht so schnell und daran kannst du vielleicht erkennen, dass es sich um einen derartigen Erpressungsversuch handeln könnte.
In die Falle getappt
Viele schämen sich und haben Angst, sich Hilfe zu holen. Dabei handelt es sich um eine klare Erpressung! Häufig trauen sich Betroffene nicht darüber zu sprechen, was ihnen passiert ist. Bei uns bekommt ihr völlig anonym Unterstützung. Es ist keine Schande, wenn man in eine Falle getappt ist. Die Erpressung ist nicht okay, fies gemacht und noch dazu verboten! Lass dich nicht einschüchtern und hol dir Unterstützung.
Was tun, wenn du mit Nacktbildern/Nacktvideos erpresst wirst?
1. NICHT bezahlen!
Die Erfahrungen zeigen, dass das Bezahlen nicht vor der Veröffentlichung schützt. Ganz im Gegenteil, es folgen danach weitere Forderungen und die Erpressung endet nicht!
2. Kontakt abbrechen
Den Chat oder Videochat direkt beenden. Bisherige Erfahrungen haben gezeigt, dass Bitten, Drohen, Argumente oder Diskussionen die Erpresser:innen von ihrem Vorhaben nicht abbringen können. Lasse dich keinesfalls zu weiteren sexuellen Handlungen vor der Kamera erpressen! ABER: Sichere noch Beweise und mach z. B. Screenshots vom Erpressungschat. Oft versuchen die Erpresser:innen durch immer neue Drohungen Druck auszuüben. Das Beenden des Kontakts bietet dir auch einen Schutz vor diesen weiteren Drohungen.
3. Melden der veröffentlichten Nacktbilder/Nacktvideos bei der Onlineplattform
Wurden Nacktbilder oder -videos von dir bereits auf einer Onlineplattform veröffentlicht z. B. in einer Instagramgruppe, dann empfiehlt es sich das veröffentlichte Material direkt bei der Plattform zu melden, damit es gelöscht wird.
Wähle dazu, sofern verfügbar, bei dem veröffentlichen Inhalt die Möglichkeit einer rechtswidrigen Meldung nach dem KoPl-G (Kommunikationsplattformengesetz). Dieses KoPl-G schreibt den großen Onlineplattformen vor, dass sie Inhalte, die in Österreich strafbar sind innerhalb von 24 Stunden löschen müssen, bei zweifelhaften Fällen haben die Plattformen jedoch 7 Tage Zeit um die gemeldeten Inhalte zu prüfen. Der Vorteil einer Meldung nach dem KoPl-G ist, dass die gemeldeten Inhalte meistens schneller überprüft und damit auch schneller gelöscht werden. Eine Anleitung zum Melden von Inhalten findest du im Hilfebereich der jeweiligen Onlineplattform.
Bei Problemen mit dem Löschen-Lassen von Inhalten auf den Plattformen Instagram, Snapchat, Youtube, Facebook, Twitter oder ask.fm können wir dich auch durch vorhandene Ansprechpartner:innen bei diesen Plattformen zusätzlich unterstützen. Mehr Infos dazu findest du hier:
Bei Fragen oder Problemen kannst du dich in unseren Beratungsangeboten melden. Wir unterstützen dich gerne.
4. Eine Veröffentlichung der Nacktbilder/Nacktvideos verhindern
Es gibt 2 Tools, die eventuell eine Veröffentlichung der Nacktbilder/Nacktvideos auf bestimmten Onlineplattformen verhindern können:
„Take it down“ für Personen unter 18 Jahre, verhindert den Upload von intimen Bildern oder Videos auf den Plattformen: Instagram, TikTok, Facebook, Onlyfans, Pornhub, Clips4Sale, Yubo, Snapchat, Threads und Redgifs
„Stop Non-Consensual Intimate Image Sharing“ für Personen ab 18 Jahren, verhindert den Upload von intimen Bildern oder Videos auf den Plattformen: Instagram, TikTok, Facebook, Onlyfans, Bumble, Reddit, Snapchat, Pornhub und Threads
Wie funktionieren diese Online Tools?
Zur Nutzung dieses Service musst du keine Bilder oder Videos von dir hochladen, allerdings ist es erforderlich, dass du die Bilder oder Videos noch irgendwo gespeichert hast. Wenn du dieses Service nutzen willst, wird ein digitaler Fingerabdruck von deinem Foto oder Video auf deinem Gerät erstellt und an den Dienst übermittelt, der es den Onlineplattformen ermöglicht deine intimen Bilder oder Videos zu identifizieren und eine Veröffentlichung zu verhindern. Die Nacktbilder oder Nacktvideos bleiben auf deinem Gerät und werden selbst nicht hochgeladen. Das Service funktioniert bei Anwendungen, die keine “Ende-zu-Ende-Verschlüsselung” aufweisen.
Eine Schritt-für-Schritt Anleitung für die Nutzung dieser Online-Tools findest du hier:
5. Erpresser:innenprofil bei der Onlineplattform melden und dann blockieren
Es ist günstig diese Reihenfolge einzuhalten, denn manchmal ist es nicht möglich das Profil zu melden, wenn du es schon blockiert hast. Indem du das Erpresser:innen-Profil meldest, kannst du auch andere Personen schützen.
6. Google Alert einstellen
Geh dazu auf Google Alert und gib dort den Namen bzw. deinen Profilnamen ein, den die Erpresser:innen von dir kennen. Dann bekommst du eine Benachrichtigung, wenn etwas im Internet mit deinem Namen neu hochgeladen wird, z. B. eben das Erpressungsvideo.
7. Anzeige erstatten
Wenn du willst, kannst du eine Anzeige bei der Polizei gegen den Erpressungsversuch erstatten. Dafür ist es günstig, wenn du Screenshots vom Erpressungsversuch und den Profilnamen des oder der Erpresser:in mitnimmst. Überlege, welche erwachsene Vertrauensperson dich bei der Anzeige unterstützen kann. Auch wenn durch eine Anzeige, die Täter:innen nicht immer ausgeforscht werden können, kann eine Anzeige helfen, ein Bewusstsein in der Gesellschaft und bei den Behörden zu schaffen, dass es sehr viele Betroffene von dieser Erpressungsfalle gibt.
Werden die Bilder oder Videos bei Sextortion wirklich veröffentlicht?
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass man nicht ganz genau sagen kann, ob die Erpresser:innen die Bilder oder Videos tatsächlich veröffentlichen oder weiterschicken. Ob das passiert, kann man nicht wirklich beeinflussen. Weder das Bezahlen der Geldforderung noch Verhandeln, Diskutieren oder Drohen schützt vor einer Veröffentlichung. Die gute Nachricht: Online-Plattformen löschen derartige Bilder und Videos sehr schnell, wenn sie darauf aufmerksam werden.
Wie kannst du mit einer möglichen Veröffentlichung von Nacktbildern umgehen?
Keine Frage, die Tatsache einer möglichen Veröffentlichung erscheint im ersten Moment ziemlich beunruhigend. Hilfreich kann sein, sich bewusst zu machen, dass man nicht der oder die einzige ist, dem oder der das passiert ist. Es ist davon auszugehen, dass es weit über 1000 Betroffene allein in Österreich in den letzten Jahren gegeben hat. Vielleicht hilft es dir auch zu erfahren, wie andere damit umgegangen sind. Das Forum ScamSurvivors bietet genau diese Möglichkeit. Dort kannst du mitlesen, was z. B. anderen Betroffenen geholfen hat und dich mit ihnen austauschen.
Zu überlegen, wem du dich anvertrauen könntest, kann entlastend sein. Auch wenn es Überwindung kostet z. B. einem oder einer guten Freund:in davon zu erzählen, fühlt es sich oft besser an, Belastendes zu teilen. In vielen Fällen bekommt man mehr Verständnis und Unterstützung von Freund:innen als man erwartet hätte.
Vielleicht hilft es dir, wenn du dir schon vorab überlegst, wie du reagieren willst, falls du von jemanden auf das Video angesprochen wirst. So kannst du dich für so einen Fall vorbereiten und das Ganze wird für dich kontrollierbarer. Du könntest z. B. mit einer selbstbewussten Haltung sagen, dass du auf eine internationale Erpresser:innenbande reingefallen bist, wie auch schon viele andere junge Männer und Frauen in Österreich und die Person melden. Du kannst dabei aber auch selbst entscheiden, was oder wie viel du erzählen magst. Eine andere Möglichkeit ist z. B. zu sagen, dass es gar kein echtes Bild von dir ist, sondern eine Fotomontage oder ein mit KI generiertes Bild oder Video.
Wenn du willst, können wir auch gern in unseren Beratungsangeboten mit dir überlegen, wie du reagieren kannst, wenn du auf ein veröffentlichtes Foto oder Video angesprochen wirst.
Schütze dich!
Das Internet ist eine tolle Möglichkeit neue Kontakte zu knüpfen und nette Leute kennen zu lernen. Unter den netten Leuten gibt es im Netz aber auch einige Personen, die dich abzocken wollen. Ein gewisses Grundmisstrauen im Internet gegenüber anderen Personen kann sich lohnen.
Tipp
- Wenn dich jemand, den du erst kurz aus dem Internet kennst, sehr schnell zu einem Videochat überreden möchte, ist das meist ein Zeichen, dass etwas nicht stimmt. Anders, als wenn du mit jemanden in einen Sex-Chat gehst, den du gut kennst.
- Gehst du darauf ein, dann schalte deine Webcam später ein, als dein:e Chatpartner:in.
- Denk dran, alles, was du vor der Web-Cam machst, kann der oder die andere aufzeichnen bzw. Screenshots davon machen.
- Wenn sich dein:e Chatpartner:in gleich auszuziehen beginnt, sollten sich alle deine Alarmsignale einschalten, und du solltest den Chat sofort beenden bzw. in keinem Fall den Aufforderungen folgen, dich selbst auszuziehen, wenn deine Webcam an ist!
- In den Privatsphäre-Einstellungen der Onlineplattformen kannst du festlegen, wer aller deine Inhalte und Freundeslisten sehen kann. Du kannst dich besser schützen, wenn du deine Informationen nicht allen Personen öffentlich zugänglich machst.
Die wichtigsten Infos dazu findest du auch in unserem YouTube-Video zu dem Thema: