Bei dem Thema Gewalt denkst du vielleicht zuerst an Schläge, körperliche Gewalt oder sexuelle Übergriffe. Ein gewaltvoller Umgang zeigt sich aber nicht immer durch Blutergüsse oder Schwellungen. Gewalt beginnt oft schleichend, z. B. durch Runtermachen, Ignorieren oder Kontrollieren. Das macht es manchmal schwierig, sie von Beginn an zu erkennen.
Worum geht es bei Gewalt?
Bei Gewalt zwischen Personen geht es oft darum, dass jemand überlegen ist oder einen Vorteil hat. Die Überlegenheit wird dann ausgenützt, um etwas zu erreichen, was für die andere*n Person*en unangenehm oder schädlich ist.
Verschiedene Formen von Gewalt
Es gibt verschiedene Formen von Gewalt, z. B. körperliche Gewalt, emotionale Gewalt (auch als psychische Gewalt bezeichnet) und sexualisierte Gewalt. Oft treten verschiedene Formen von Gewalt auch gemeinsam auf.
Psychische oder Emotionale Gewalt
Psychische Gewalt ist oft gar nicht so leicht erkennbar, aber oft genauso schmerzhaft wie körperliche Misshandlungen.
Psychische Gewalt erkennst du:
Wenn jemand
- dir absichtlich Angst macht oder dich einschüchtert
- dich ignoriert, wenn du ein Anliegen hast (z. B. um dich zu bestrafen)
- dich verspottet, entwertet oder runter macht
- deine Wünsche missachtet
- dich unter Druck setzt, deine Grenzen nicht einhält
- dir "kalt-warm-Duschen" verabreicht (dich mal in den Himmel lobt und dann links liegen lässt und ignoriert)
- dich emotional erpresst ("Wenn du weiter hier wohnen möchtest, dann machst du das und das...")
- dich demütigt, bloßstellt oder vor anderen schlecht macht
- dich ständig kontrolliert, beschimpft, bedroht oder einsperrt
- gegenüber seine Machtposition ausnützt, z. B. wenn die Eltern dich unverhältnismäßig bei Beziehungen oder Freundschaften einschränken
Körperliche Gewalt
Körperliche Gewalt ist viel einfacher zu erkennen. Doch auch hier beginnt die Gewalt viel früher als oft gedacht. Körperliche Gewalt fängt nicht erst an, wenn Verletzungen zu sehen sind.
Beispiele für körperliche Gewalt:
- wegstoßen, gegen die Wand drücken
- gegen seinen Willen festgehalten werden
- an den Haaren reißen
- ohrfeigen
- schlagen, treten
- würgen
- jegliche Art von körperlicher Verletzung
Sexualisierte Gewalt
Umgangssprachlich wird oft auch von sexueller Gewalt gesprochen. Gemeint ist, dass die Grenzen im Bereich der Sexualität überschritten werden. In der Sexualität ist nur das erlaubt, was die daran Beteiligten auch selbst wollen! Hält sich jemand nicht an dein "Nein", egal ob es um Berührungen, ungute Anmache, Blicke oder anzügliche Bemerkungen geht, ist das schon der Beginn von sexualisierter Gewalt.
Lass dich nicht drängen
Es kann auch mal sein, dass du dir noch nicht sicher bist, ob du mit einer anderen Person irgendeine Art von sexuellem Kontakt haben willst. Der*die andere versucht dann vielleicht dich zu überreden oder macht Druck. Drängen und Druck passen mit Sexualität aber überhaupt nicht zusammen. Es verhindert, dass du es genießen kannst, es schön oder lustvoll findest und du dich wohl fühlst. Jemand der dich gern hat, wird auf deine Gefühle Rücksicht nehmen. Er*sie wird dann auch verstehen, wenn du etwas nicht tun willst oder erst herausfinden willst, ob etwas für dich passt.
Daneben gibt es auch gesetzliche Bestimmungen, die regeln, was erlaubt ist. Hier kannst du für dich herausfinden, wie viel du schon darüber weißt:
Häufiger erleben Mädchen und Frauen sexualisierte Gewalt. Es gibt aber auch viele Burschen und Männer, die sexualisierte Gewalt erlebt haben. Auch sie fühlen sich vielleicht verletzt oder ohnmächtig und möchten sich jemanden anvertrauen.
Von sexuellem Missbrauch spricht man, wenn ein*e Erwachsene*r oder älterer Jugendlicher mit einem Kind in Kontakt ist, um sich sexuell zu erregen oder zu befriedigen. Dabei wird vom Täter*in fast immer ein Vertrauensverhältnis, Abhängigkeitsverhältnis oder Machtverhältnis ausgenützt.
Gewalt im Netz
Gewalt findet nicht nur im direkten Kontakt statt. Manche fühlen sich im Internet anonymer oder versuchen sich hinter einem Fake-Profil zu verbergen, um jemanden zu belästigen oder zu schaden. Ungefähr jede*r dritte Jugendliche wurde online schon einmal sexuell belästigt z. B. durch ungute Anmache oder unerwünschte „dick pics“ (=Penisbilder). Es gibt auch erwachsene Täter*innen, die im Netz Kinder und Jugendliche sexuell belästigen. Das wird als Cyber-Grooming bezeichnet.
Gewalt im Netz ist besonders verletzend, wenn sie „öffentlich“ geschieht und Betroffene vor vielen Menschen bloßgestellt werden. Z. B. bei Cyber-Mobbing, wenn jemand Unwahrheiten oder unangenehme Bilder veröffentlicht oder wenn Gewaltvideos in sozialen Netzwerken geteilt werden. Mit Hasspostings werden ganze Gruppen von Menschen verurteilt und angegriffen.
Alle diese Formen von Gewalt im Netz sind klar verboten und es gibt Möglichkeiten sich dagegen zu wehren. Hier kannst du dich informieren, was du tun kannst, wenn du betroffen bist:
Das Schweigen brechen
Wenn du von Gewalt betroffen bist, bist du vielleicht einfach schockiert, am Boden zerstört oder schämst dich. Gerade auch, wenn du dieser Person vielleicht sogar einmal vertraut hast. Du bist womöglich völlig vor den Kopf gestoßen und kannst gar nicht glauben, dass der erst so liebe Mensch, plötzlich so fies ist. Trotzdem ist es wichtig, das Verhalten nicht zu verharmlosen.
Vertrau dich jemandem an
Du solltest mit jemanden darüber reden, auch wenn dir jemand droht und dir sagt, dass du nicht darüber sprechen sollst. Viele drohen, weil sie genau wissen, dass das was sie tun, nicht okay ist. Vielleicht tut es dir einfach gut zu hören, was eine andere Person darüber denkt.
Wir wissen, dass es oft alles andere als leicht ist das erste Mal über die Gewalt zu sprechen, die einem angetan wurde. Wir wissen aber auch, dass Reden, so gut wie immer, eine Erleichterung ist.
Bei uns kannst du jederzeit völlig anonym anrufen oder uns schreiben. Du musst weder deinen Namen sagen noch woher du kommst. Wir unternehmen nichts, was du nicht möchtest. Es ist okay, wenn du einfach nur einmal darüber sprechen oder schreiben möchtest. Aber wenn du dir bereits konkrete Hilfe wünschst, dann können wir dir auch dabei helfen!
Wir kennen Adressen von Notschlafstellen bzw. Beratungsstellen in deiner Nähe, die wir dir jederzeit mitteilen können. Wenn du das möchtest, können wir auch gemeinsam den ersten Kontakt herstellen.